Naturverbundenheit in der Großstadt

Vor nicht all zu langer Zeit habe ich meinen eigenen Kraftort gefunden, bzw. ich habe gar nicht danach gesucht. Er war einfach auf einmal da.

Es ist ein Baum. Mein Baum. Er steht auf der höchsten Anhöhe in meinem verwilderten Lieblingsfleck mitten in der Großstadt Berlin. Ein unscheinbarer Baum, der mich bei einem Streifzug durchs Gebüsch eines Tages dazu einlud, hineinzuklettern.

Seitdem finde ich mich immer wieder, angezogen durch einen magischen Sog, in diesem Baum, vor allem in den Morgenstunden. Ich gehe dorthin, um zur Ruhe zu kommen, um mich mit mir, meinem Innersten und der Natur in mir und um mich herum zu verbinden. Es ist ein Ort, an dem ich loslasse, mich dem hingebe, was gerade ist, wo ich klar werde und enorm viel Kraft sammle. Und: ich singe! Dann locke ich das feine Vibrieren meiner weiblichen Urkraft hervor und lasse fließen. Durch meine Stimme und den Baum (auch die umliegende Natur) komme ich in tiefe Verbindung zu meiner Gebärmutter und all ihre Kraft und Weisheit. Wenn ich morgens im Baum war, trotze ich allen möglichen Stürmen und Gewittern, die ein Tag mit 3 bis 5 kleinen Kindern in der Stadt so mit sich bringt, definitiv mit mehr Gelassenheit und Leichtigkeit.

Warum tue ich das?

Weil ich manchmal einfach nicht mehr kann. Ich brauche einen Rückzugsort und Ruhepol, um mein inneres Gleichgewicht immer wieder aufs Neue herzstellen. Denn es rüttelt und zerrt immer etwas oder jemand an mir im turbulenten Großsstadt- Mütter-Alltag.

In meinem Leben gibt es zur Zeit immer wieder größere und kleinere Stürme und Gewitter, die nicht nur von den Kindern ausgelöst werden. Und so befand ich mich gerade in einer ziemlich regnerischen und gewittrigen Zeit. Ich habe mich von vielen äußeren und inneren Begebenheiten in eine Abwärtsspirale der Verunsicherung und Hoffnungslosigkeit ziehen lassen. Dienstag Abend hatte ich mein Tief erreicht. Mein Grundduktus war: Ich scheitere gerade auf allen Ebenen. Ich ging so weit, mir einzureden, ich sei eine Versagerin. Als Mutter, in der Beziehung, beruflich…

Wertschätzung für mich

Und ich hatte über fast zwei Wochen vergessen, in meinen Baum zu klettern, bzw. es nicht für wichtig empfunden. Denn all diese Verunsicherung führte dazu, dass ich die Wertschätzung für mich selbst verlor und mir meinen Raum nicht mehr nahm. Ich stellte mich bei allem hinten an. Die Bedürfnisse der Anderen kamen für mich immer zuerst, seien es die der Kinder oder die meiner Freundinnen. Bis ich nicht mehr wusste, was ich eigentlich will. Und das frustrierte mich enorm. War ich mir doch schon so klar gewesen! In einem sehr befreienden Gespräch an diesem Abend wurde mir klar, wie wichtig diese „Baumzeit“ für meine Entwicklung, für meine Aufgabe und für meinen Alltag ist. Denn das ist die Essenz, die mich an meine Quelle bringt, aus der ich schöpfe. Also bekommt der Baum ab sofort einen klaren Platz in meinem Terminkalender.

Annahme und Befreiung der Gefühle

Und so fand ich mich am nächsten Morgen allen Widerständen der Kinder zum Trotz endlich in meinem Baum wieder. Inzwischen hat mein Körper die Erfahrungen abgespeichert, und sobald ich anfing zu klettern, war ich ganz bei mir. Stark im Gefühl, bei dem, was gerade ist.

Und was ich fühlte, war diese Verunsicherung und Traurigkeit, Enge und Spannung in der Brust. Die Tränen quollen schon hervor. Es ist heute windig, ja fast stürmisch und grau. Zum ersten Mal erlebte ich meinen Baum so stark in Bewegung. Normalerweise setze ich mich immer auf eine der dicken Astgabeln, schmiege mich an den Stamm, lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen und singe. Heute hatte ich den Impuls, höher zu steigen, auf einen viel dünneren Ast, auf dem ich noch nie war. Ich stand und hielt mich links und rechts an den Zweigen fest. Der Baum wankte und schaukelte kräftig und die umliegenden Baumkronen brausten im Wind. Umso mehr spürte ich im Gegensatz die Festigkeit und Spannung in meiner Brust, und ich rief und heulte sie heraus. All der Wirbel und Sturm in meinem Leben. Hier war er und warf mich hin und her.

Transformation

Mitten in meinen Tränen bemerkte ich, dass ich zwar auf einem schmalen, aber sehr stabilen und stark verwurzelten Baumstamm stehe. Er lässt sich zwar bewegen von dem, was das Wetter ihm bietet, aber ich vertraue. Ich habe keine Angst zu fallen. Im Gegenteil, ich genieße es sogar, auf ihm zu stehen, das Schwanken zu spüren und darauf zu balancieren. Jetzt muss ich laut lachen, und ich rufe in den Wind: Ja! Gib mir mehr!

Tiefe Verbindung zur Gebärmutter

Mit einem Mal habe ich Spaß und Freude an dem großen Wirbel. Ich öffne meine Kehle, meinen Rachen, meinen Bauchraum, mein Becken, meinen Mund und lasse meiner Stimme freien Lauf. Und der Klang, der durch mich strömt und meiner tiefsten Quelle entspringt, ist so offen und kraftvoll, wie ich ihn kaum je erlebt habe.

Da ist es! Jetzt bin ich mitten in dem Gefühl, das ich bei den Geburten meiner Kinder hatte. Das ist der selbe Klang und das ist die selbe Urkraft, die tief aus meinem Innersten kommt und mich wie eine Hülle umgibt. Durch meine Stimme tritt sie nach außen.  Es ist, als wäre ich mitten in den Wellen der Geburt! Ich bin tief berührt, denn ich hätte nicht damit gerechnet, dies heute zu erleben.

Ich gebe mich voll und ganz hin. Der Urkraft, dem Sturm, der Natur, meiner Stimme, von der ich nicht das Gefühl habe, dass ich selbst sie produziere. Es tönt. Um mich und in mir und durch mich hindurch. Und alles, was ich bin, ist offen.

Als dieses archaische Lied zu Ende tönt, fängt es wie mit dem Paukenschlag kräftig an zu hageln!! Ich lasse einen lauten Jubelschrei los. Freiheit! Ein Rausch der Sinne. Ich klettere behutsam nach unten zum Boden. Dort krieche ich ins Gebüsch und mache mich so klein ich kann. Wie ein Embryo im Mutterleib. Mutter Erde. Dort oben war ich unendlich groß. Ich zittere vor Kälte, aber ich bin voller Liebe, Dankbarkeit und Zufriedenheit!

Heilende Stimme

Was ich aus dieser Erfahrung mitnehme, ist ein tiefes Wissen und die Bestätigung, dass es eine wichtige und heilsame Verbindung zwischen Stimme (Kehlkopf) und Gebärmutter gibt. Und dass wir über unsere Stimme einen direkten Zugang zu uns selbst und unserem innersten Innenleben erlangen können. Durch die Anwendung der Stimme verbreiten sich feine Vibrationen in unserem Körper und wirken als Mikromassage tief ins Gewebe ein. Dies ermöglicht Durchlässigkeit, Transformation und Heilung. Ein idealer Zustand für Geburt.